Bedeutung der Gesellschaft für Alphabetisierung im Fokus
Die «Gesellschaft zur Alphabetisierung unter Georgiern» war jahrzehntelang ein wichtiges Zentrum der Sprache und nationalen Kultur. Sie richtete Bildungszentren und Bibliotheken ein. Sie unterstützte ideologisch und materiell das georgische Theater, Verlage, förderte die Entwicklung wissenschaftlicher und literarischer Prozesse, suchte und sammelte alte georgische Handschriften und gedruckte Bücher, historisch-archäologische und mündliche Proben, vergab Stipendien an junge Studenten in Russland und im Ausland.
Gründung der Gesellschaft
Nach der Bauernbefreiung, in den frühen 1870er Jahren wurde in der georgischen Öffentlichkeit die Idee verstärkt, den Unterricht in der Muttersprache unter den Bauern einzuführen. Zu diesem Zweck hat man eine Gesellschaft zur Alphabetisierung gegründet. Als Tag der Gründung der Organisation gilt der Tag der Veröffentlichung ihrer Satzung. Die erste Vorstandssitzung fand am 15. Mai 1879 statt. Zum Vorsitzenden wurde Dimitri Kipiani gewählt. Die Mitglieder waren zu verschiedenen Zeiten: Ilia Tschawtschawadse, Iakob Gogebaschwili, Akaki Zereteli, Aleksandre Kasbegi, Iwane Matschabeli, Niko Tchwedadse, Rapiel Eristawi u.a.
Ab Anfang der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts setzte im Russischen Reich eine politische Reaktion ein, die sich in einer weiteren Intensivierung der kolonialen Unterdrückung manifestierte. Von nun an wurde die georgische Sprache mehr und mehr verfolgt. Der Russischunterricht ist in allen Schularten Georgiens von Anfang an verpflichtend geworden. Georgisch wurde als Wahlfach nur in der ersten und teilweise in der zweiten Klasse unterrichtet. Gleichzeitig begannen Schikanen gegen die Lehrer*innen für die georgische Sprache.
In Tbilissi und auch in anderen Städten und Gemeinden wurden verschiedene Wohltätigkeitsabende, Aufführungen und andere Veranstaltungen zugunsten der Gesellschaft durchgeführt. Viele georgische Schriftsteller widmeten ihre Publikationen der Gesellschaft. Die berühmten Mäzene Brüder Subalaschwili und Dawit Saradschischwili trugen viel Geld zur Kasse der Gesellschaft bei. [Bildnachweis: Satzung der Gesellschaft © Nationales Archiv Georgiens]
«Die Gesellschaft zur Alphabetisierung» bestand bis 1927. Im Jahr 1927 wurden öffentliche Schulen, Bibliotheken, Manuskripte und sämtliches Eigentum dem Volkskommissariat für Bildung übergeben.
Ziele und Aktivitäten zur Bewahrung der Sprache und Kultur
Das Hauptziel der Gesellschaft war die Rückkehr des georgischen Volkes zu einem georgischen Bewusstsein. In einem Land, in dem die Merkmale der Staatlichkeit allmählich verschwanden, war die Verbreitung von Bildung die einzige Möglichkeit zu überleben. Dabei war es Wichtig, die Muttersprache zu bewahren. Jedes Mitglied der Gesellschaft war sich der Gefahr bewusst, die von Russland und seiner Russifizierungspolitik für die georgische Sprache und das georgische Bewusstsein ausging.
Ein wichtiges Ziel der Gesellschaft war es, die Schulen zu einem starken Bildungs- und Kulturzentrum zu machen. Auch bereits bestehende Schulen wurden unterstützt. Gemäß der Satzung hatte die Gesellschaft das Recht, Lesesäle und Bibliotheken einzurichten, erfahrene Lehrer in die Schulen einzuladen, Fortbildungskurse für Lehrer zu organisieren, Treffen für Lehrer zu veranstalten und Kinder- und Lehrbücher in georgischer «Eine so große Gesellschaft hat es bei uns noch nie gegeben. Ihr Ziel ist es, die Nation zu vermitteln».
Die Gesellschaft kümmerte sich auch um georgische Siedlungen außerhalb Georgiens. Auf Wunsch der dortigen Georgier hat man in Wladikawkas, Baku und Naltschik georgische Schulen gegründet. Dort wurden Bibliotheken und Lesesäle eingerichtet und mit Büchern versorgt.
Hüter der Vergangenheit: Die Sammlung alter georgischer Manuskripte
Die Gesellschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, alte georgische Manuskripte zu sammeln sowie historische und architektonische Denkmäler zu erfassen, zu registrieren und zu erhalten. Sie begann, Schriften in der mündlichen Volkssprache zu sammeln und ihre Veröffentlichung zu organisieren. Mit direkter Hilfe der Gesellschaft wurden mehrstimmige georgische Lieder und Kirchengesänge mit Noten aufgenommen. Man beschäftigte sich mit dem Leben der Schriftsteller, organisierte Geburtstagsfeiern für Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, literarische Abende etc.
Im Laufe ihres Bestehens hat die Gesellschaft zwei große Volksfeste organisiert. Das Denkmal für Ilia Tschawtschawadse, der von 1885 bis 1907 Präsident der Gesellschaft war, wurde auf Kosten der Gesellschaft errichtet.
Reform des georgischen Alphabets zur Förderung der Alphabetisierung
Ilia Tschawtschawadse und seine Mitwirkenden führten eine der wichtigsten Reformen in der Geschichte der georgischen Schrift durch. Um die moderne georgische Literatursprache zu verfeinern, entfernten sie fünf alte, archaische Buchstaben aus dem georgischen Alphabet, die im Sprachgebrauch nicht mehr verwendet wurden.
Die «Gesellschaft zur Alphabetisierung unter Georgiern» bestand bis 1927. Der letzte Akt wurde in 1927 geschrieben, als die Witwe von Ilia Tschawtschawadse, Olga Guramischwili starb und ihre Habseligkeiten dem Museum übergeben wurden.