Entwicklungsstufen der georgischen Sprache

Eine Zeitreise durch die Sprachgeschichte: Die Entwicklungsstufen der georgischen Sprache im Überblick

Anfänge

Die einheitliche georgische Nationalsprache existiert seit mindestens fünfzehn Jahrhunderten. Im Laufe der fünfzehn Jahrhunderte der Geschichte hat sich die Sprache natürlich verändert und verbessert, aber das Prinzip der Sprachfunktion blieb im Wesentlichen homogen. In diesem Artikel möchte ich die Entwicklungsstufen der georgischen Sprache darstellen.

Die erste Stufe ist die altgeorgische klassische Literatursprache vom V. bis zum XII.-XII. Jahrhundert. Die damaligen Gelehrten legten großen Wert darauf, die Sprachregeln einzuhalten. Die Schreiber der literarischen Werke sollten die Texte nicht ändern, sondern genauso schreiben, wie es im Text stand.

Die Blütezeit der georgischen Schriftsprache: Sprachliche Wendepunkte im 12.-13. Jahrhundert und die Geburt der Volksliteratur

Der zweite Abschnitt der Entwicklung der georgischen Schriftsprache stammt aus dem 12.-13. Jahrhundert, als der Entstehung der Volksliteratur aus sprachlicher Sicht bedeutende Veränderungen folgten. Die Entwicklung der Literatursprache vollzog sich im Zeichen der Annäherung an die lebendige Sprache zugleich unter dem Einfluss der orientalischer Dichtung.

Zwar wird jede Sprache durch eine vernünftige Beziehung zu anderen Sprachen bereichert, aber es gab immer wieder Wörter persischen oder arabischen Ursprungs. Dies belegt die Sprache des berühmten Werks von Schota Rustaweli «Der Ritter im Tigerfell».

Der Zerfall der politischen Einheit Georgiens und die Schwächung der nationalen und staatlichen Konsolidierung stellten später eine reale Bedrohung für die georgische Literatursprache dar.

Ganz besonders ist der Beitrag von Sulchan-Saba Orbeliani, der in seinem georgischen Wörterbuch Dialekt- oder Fremdwörter entsprechend erklärte. Somit stellte er aus Sicht der damaligen Literatursprache normative Formen anschaulich dar.

Der Wissenschaftler und Katholikos von Ostgeorgien, Anton I. hat versucht, in Georgien die Dreistillehre einzuführen. Die Theorie stammte aus der Antike. Demnach gab es drei Stilebenen:

schlichter Stil ähnlich der Alltagssprache (mit einfacher Argumentation);
mittlerer bzw. gemischter Stil (typisch etwa für den wissenschaftlichen Vortrag);
gehobener bzw. erhabener Stil (steht der dichterischen Sprache nahe).

Anton I. war zweifellos vom patriotischen Geist getrieben. Er strebte danach, die georgische Sprache zu reinigen und zu stärken. Für das Georgien des 18. Jahrhunderts stellte sich aber die Dreistillehre als Anachronismus dar. Es war ein klares Zeichen für erzwungene Künstlichkeit, weswegen er auf Widerstand stieß.

Neue Entwicklungsprozesse und die Wiederbelebung der georgischen Sprache unter der Führung der «Tergdaleulebi»

Die Sprachkrise dauerte bis in die sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts. Unter der Führung «Tergdaleulebi» begannen neue Entwicklungsprozesse, die die georgische Sprache vor dem völligen Verfall bewahren könnte. Dies stellt die vierte Stufe der Entwicklung der georgischen Literatursprache dar. Keine einzige Persönlichkeit des öffentlichen Lebens dieses Jahrhunderts blieb diesem Problem gegenüber gleichgültig. Das Sprachenproblem war eng mit der Frage der nationalen Selbsterhaltung verbunden.

Der Prozess der Etablierung der neuen georgischen Schriftsprache wird manchmal eindimensional behandelt. Der «Kampf» zwischen den Vertretern der alten und der neuen Generation endete mit dem Sieg der neuen Generation, aber man muss die Positionen beider Seiten berücksichtigen.

Denkmal von Ilia Tschawtschawadse & Akaki Zereteli

Die «Tergdaleulebi» übernahmen die Führung bei der spirituellen und kulturellen Wiederbelebung der Nation. Ihr Verdienst ist, dass sie dem Sprachfaktor besondere Aufmerksamkeit geschenkt haben. Sie erklärten eine einheitliche georgische Schriftsprache zur Hauptbedingung für die Konsolidierung und Wiederbelebung der georgischen Nation.

Diese Bewegung wurde von Ilia Tschawtschawadse und Akaki Zereteli angeführt. Sie haben zum Ziel gesetzt, sich um die georgische Sprache zu sorgen, was in der Zeit unter russischer Herrschaft nicht einfach war. Ein Problem stellten auch künstliche oder grob übersetzte Formen, die sich besonders in der Sprache des Publizistik so stark vermehrten.

Der in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts eingeschlagene Weg hat gute Früchte getragen. Die Rückkehr zu den Anfängen der lebendigen georgischen Sprache und gleichzeitig die Europäisierung bestimmten die Prinzipien der Bildung und Verbesserung der neuen georgischen Literatursprache.

Sprachprobleme in der Sowjetzeit

Als besonders bedauerlich erwies sich die Situation der georgischen Sprache nach der Sowjetisierung Georgiens. Das Problem der Zweisprachigkeit war besonders gravierend. Die russisch-sowjetische Sprachpolitik zielte darauf ab, ein einheitliches Sowjetvolk mit einer gemeinsamen Sprache zu schaffen.

Um dies zu erreichen, hielt es die Sowjetregierung für notwendig: a) in der ersten Stufe die Einführung der Zweisprachigkeit in den Sowjetrepubliken, nämlich der national-russischen Zweisprachigkeit. Dies beinhaltete Existenz von zwei Muttersprachen; b) Die nächste Stufe wäre die vollständige Ersetzung der Landessprache durch die russische Sprache, also die Etablierung einer vollständigen Einsprachigkeit. Einsprachigkeit bedeutete, nur Russisch als Amtssprache zu verwenden.

Besondere Aufmerksamkeit galt dem Unterricht der russischen Sprache in allgemeinen Bildungseinrichtungen. In Hochschulen vieler Republiken wurden die meisten Fächer auf Russisch unterrichtet oder der Unterricht wurde vollständig auf Russisch durchgeführt. Russisch war die Verständigungssprache sowohl zwischen den verbündeten Republiken als auch zwischen verschiedenen Nationalitäten innerhalb der Republiken und genoss die Funktion einer «Völkersprache».

Die Funktionalität der georgischen Sprache war in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts stark eingeschränkt. Dies war ein weiterer neuer Abschnitt in der Sowjetunion, als die Nationalsprachen allmählich eingeschränkt und durch die russische Sprache ersetzt wurden. Zu dieser Zeit (1978) war der staatliche Status der georgischen Sprache bedroht. Dies führte zu den Demonstrationen, wodurch die georgische Nation Georgisch als Muttersprache behalten konnte.

Die russische Sprache dominierte in allen Funktionsbereichen als Staatssprache. Verfahren vor staatlichen und anderen öffentlichen Organen und Einrichtungen hat man überwiegend in russischer Sprache geführt. In den staatlichen Institutionen wurden alle offiziellen Dokumente in russischer Sprache erstellt, Partei- und Verwaltungssitzungen der Hauptstadt oder der Republik wurden in russischer Sprache abgehalten.

Zwischen Vielfalt und Wandel: Die heutige sprachliche Situation im Fokus

In den letzten 10-15 Jahren hat sich die Situation dahingehend geändert, dass Russisch durch Englisch ersetzt wurde. Das Hauptproblem ist der massive Zustrom von Fremdwörtern in die georgische Sprache. In Fernsehsendungen, auf Internetseiten oder in Zeitungen werden völlig künstlich neue Wörter eingeführt, die für die georgische Bevölkerung völlig unverständlich sind. Diese verdrängen nach und nach die georgischen Wörter. Deshalb ist es wichtig, darauf zu achten und fremde und unverständliche Wörter zu vermeiden.